Custos Mucoris: Bewertung verschiedener Beleuchtungsquellen für die Qualität von Schimmelaufnahmen in Kulturgütern
Projekt DBU 35604 Entwicklung und modellhafte Anwendung einer Systemplattform zur automatischen Detektion von durch anthropogene Umwelteinflüsse verursachter Schimmelbildung an Kulturgütern mittels künstlicher Intelligenz
Hier: Schimmelpilznachweis mit unterschiedlichen Lichtquellen
Aufgrund von Hinweisen in der Literatur wurden für die
Aufnahmen unterschiedliche Lichtquellen ausgewählt, um den Schimmel
möglicherweise durch Lichteffekte, wie Fluoreszenzen besser sichtbar zu machen.
So berichtete /Wooley 18/ über Fluoreszenzen bei unsichtbarem Schimmel in
Wohnungen unter Verwendung von Schwarzlicht bei seitlicher Anstrahlung. Im DBU
Abschlußbericht zum Schimmelbefall an Orgeln wird über Fluoreszenzen bei
Schimmel berichtet. Weitere Untersuchungen wurden aber nicht gemacht /Henning 18/.
In /Degand 20/ wird über fluoreszierende Schimmelpilze berichtet. Daher wurden
als Lichtquellen sichtbares Licht (VIS), Infrarot (IR bei 950 nm) und in den
ultravioletten Bereichen UV (bei 365 nm) und UV-C Strahlung (bei 282 nm)
ausgewählt.
Die Aufnahmen von Schimmelpilzen an unseren Kulturgütern geben ein unterschiedliches Bild in Bezug auf die Wirksamkeit und Aussagekraft der verschiedenen Beleuchtungsquellen:
Das folgende Bild zeigt Schimmel auf der Rückseite eines Holzaltars. Die Sichtbarkeit des Schimmelpilzes ist bei VIS-Beleuchtung eher besser als bei Beleuchtung mit UV.
Bildqualität bei Beleuchtung des Schimmels mit VIS und UV |
Das nächste Bild zeigt einen Vergleich zwischen UV-C und IR ohne erkennbare Bevorzugung einer der beiden Lichtquellen:
Bildqualität bei Beleuchtung des Schimmels mit UV- und IR |
Das nächste Bild zeigt einen Vergleich der Beleuchtung mit
VIS, dann UV, dann UV-C und dann IR.
Vergleich der Bildqualität von Schimmel bei Beleuchtung mit VIS, UV, UV-C, IR |
Während UV-C und IR keine Verbesserung der Erkennbarkeit der Schimmelstrukturen liefern, scheint es Situationen zu geben, wo die Strahlkraft mit UV-Beleuchtung etwas besser als im VIS-Bereich ist.
Das folgende Bild zeigt eine Situation, wo UV definitiv bessere Bildqualität liefert als VIS:
Vergleich der Bildqualität von Schimmel mit definitiv besserem Ergebnis bei UV-Beleuchtung |
Das folgende Bild zeigt eine Situation, wo UV definitiv bessere
Bildqualität liefert als VIS:
Das nachfolgende Bild zeigt ein ähnliches Ergebnis bei
Beleuchtung mit VIS, dann UV, dann UV-C und dann IR:
Qualität von Fotos von Schimmel mit unterschiedlicher Beleuchtung mit definitiv besserem Ergebnis bei UV |
Auch hier zeigt sich, daß UV-C und IR keine Vorteile bringt. Allerdings bringt in dieser Situation die UV-Beleuchtung mehr Sichtbarkeit als die VIS-Beleuchtung. Es scheint also Situationen zu geben, wo UV-Strahlung eine bessere Sichtbarkeit von Phänomenen ergibt, die sehr nach Schimmelpilzen aussehen. Bei anderen Situationen ist das aber nicht so.
Um mehr darüber zu erfahren, unter welchen Bedingungen
Schimmel fluoresziert, wurde eine Literaturrecherche durchgeführt.
Schimmelpilzanalytik
In der mikrobiologischen Analytik können grundsätzlich 2
Prinzipien unterschieden werden, die sehr gut in dem Buch von Judith Meider
dargestellt werden /Meider 16/:
Mikroskopische Analysen und die Anzüchtung von
Mikroorganismen auf Nährmedien.
Die mikroskopischen Analysen haben den Vorteil schnell zu
einem Ergebnis zu kommen, können aber nicht alle Schimmelpilze namentlich
benennen. Die Anzüchtung von Mikroorganismen auf Nährmedien hat den Vorteil,
dass die einzelnen gewachsenen Arten taxonomisch (namentlich) bestimmt werden
können. Nachteilig ist die längere Laborzeit für die Anzüchtung.
Proben können mit 3 Analysemethoden untersucht werden:
·
Bestimmung der Gesamtzellzahl (GZ)
·
Bestimmung der biochemischen Aktivität oder
Stoffwechselaktivität (BA)
·
Anzüchtung Kolonie bildender Einheiten (KBE)
Für die Bestimmung der Gesamtzellzahl (GZ) ist die Anfärbung
der Mikroorganismen mit einem speziellen Farbstoff erforderlich. Dieser
Farbstoff setzt sich an die DNA einer Zelle und markiert diese. Sie werden
durch Fluoreszenz im Mikroskop sichtbar. Hierdurch können Schimmelpilzsporen,
Myzel und Bakterien getrennt gezählt werden.
Für die Bestimmung der biochemischen Aktivität (BA) oder
Stoffwechselaktivität wird die Einfärbung mit Fluoresceindiacetat (FDA)
durchgeführt. Diese Methode gibt Auskunft darüber, ob lebende Zellen in der
Probe vorhanden sind, also der Schimmel aktiv ist. Diese Untersuchung wird
wiederum im Fluoreszenzmikroskop durchgeführt. Absorptions- und
Emissionsspektrum von FDA sind in folgendem Bild gezeigt:
Abbildung 1 Quelle: https://www.thermofisher.com/order/catalog/product/F1303#/F1303
Für die Anzüchtung koloniebildender Einheiten (KBE) werden
die Mikroorganismen auf einem Nährmedium (Agar) angezüchtet. Schimmelpilze
haben unterschiedliche Anforderungen an das Agar. Die keimfähigen
Schimmelpilze, Sporen, Myzel Stücke keimen aus und bilden ein Myzel, welches
wächst und für das menschliche Auge sichtbar wird. Das gewachsene Myzel wird
als Kolonie bezeichnet. Sie werden nach einer Woche Wachstum ausgezählt und
differenziert, um die Art des Schimmels zu bestimmen. KBE liefert der Analytik
die besten Möglichkeiten, Schimmelpilze taxonomisch zu differenzieren. Auf dem
Agar wachstumsunwillige Schimmelpilze werden aber nicht erkannt. Nachteilig
ist, dass Ergebnisse erst eine Woche später vorliegen.
GZ, BA und KBE erfordern eine Verarbeitung des Schimmels in
wässrigen Lösungen und auf Nährböden.
Biolumineszenz-Schnelltest
Ein wichtiges Hilfsmittel für einen Schnelltest ist der
Lumitester, der in /Meier-Wolff 11/ beschrieben wird. Dieser Test macht sich
die Biolumineszenz von Luciferin-Luziferase (Leuchtkäfer) zunutze. Mit Hilfe
dieses Substrat-Enzym-Systems lässt sich das AMP und ATP aus Bakterien und
Schimmelpilzen und anderen Mikroorgansimen bestimmen. Luciferin wird durch das
Enzym Luziferase unter ATP-Verbrauch zu AMP, Oxyluciferin und Kohlendioxid
abgebaut. Das bereits vorhandene AMP wird durch das ebenfalls beigemischte Pyruvat
vorab zu ATP umgewandelt. Die Stärke der Biolumineszenz ist dann ein Maß für
die Gesamtzahl der lebenden und abgestorbenen Schimmelpilze. Dieser Test, der
ursprünglich für das Gesundheitswesen und die Lebensmittelindustrie entwickelt
wurde, fand ca. 2011 Eingang in den Bereich Kulturgut (Meier-Wolff 11). Der
Referenzwert, ab dem eine Oberfläche als sauber/nicht sauber zu bezeichnen ist,
liegt hier natürlich höher und beruht auf Untersuchungen und Einschätzungen von
Meier-Wolff 11. In /Hammer 14/ werden anhand von Lumitester-Wertenweitere Klassifikationen
der Befallsstärke und -beurteilung beschrieben. Diesen sind eine große Anzahl
an Untersuchungen und Parallelmessungen mit anderen Methoden vorausgegangen. Mit
diesem Verfahren kann der aktuelle Befall der Objekte und Räume und die
Wirksamkeit von Maßnahmen zum Schutz der Kulturgüter nachgewiesen werden.
Ausführliche Beispiele sind hier ebenfalls dokumentiert. Eine
Bedienungsanleitung des Lumitesters adaptiert für den Bereich Kulturgut findet
sich in /Hammer 15/. Wichtig bei diesem Verfahren ist, daß in wenigen Minuten
ein Ergebnis vor Ort gewonnen wird. Mit einem trockenen Teststäbchen (Swab)
wird über eine definierte Fläche von 10 cm² gestrichen. Alles darauf vorhandene
ATP (in lebenden Keimen) und AMP (in ruhenden und toten Keimen) wird mittels
des Leuchtkäfer-Enzyms in flüssiger Lösung in Licht umgewandelt, welches
innerhalb von 10 s am Lumitester in RLU (= relative light Units) ablesbar und
quantifizierbar wird.
Die weitere Literaturrecherche ergab sehr viele
Literaturquellen, die mehr oder weniger eine Vorbehandlung des Schimmels in
Lösungen oder ähnlichem erforderte. Dies waren ca. 90% der auffindbaren
Literaturstellen. Sie werden hier nicht genannt, können jedoch auf Wunsch gerne
zugeschickt werden.
Weitere Literaturrecherche
Die Reduktion der Literaturrecherche auf für dieses Projekt
relevante Quellen wurde dann durch folgende Randbedingungen durchgeführt:
·
Am Ort des Sensors ist kein Mikroskop verfügbar
sein.
·
Da die Messungen on-line und in Echtzeit
erfolgen sollen, ist ein Mixen und Mischen mit anderen Substanzen
voraussichtlich nicht möglich, es sei denn dies kann vollautomatisch zu äußerst
geringen Kosten passieren und ist darüber hinaus auch noch wiederholbar ohne
externen Austausch von Stoffen.
·
Die Lichtquelle zur Erzeugung von Fluoreszenz
muß klein, billig und batteriebetrieben sein.
Ein sehr guter, ausführlicher und sehr gut beschriebener Überblick
über die Fluoreszenz von Kulturgütern findet sich in /Measday 17/ mit dem
Titel:
“A summary
of ultra-violet fluorescent materials relevant to Conservation”.
Hier findet man alle Informationen und Referenzen z.B. von Kulturgütern
aus Porzellan, Glas, Stein, Elfenbein, Knochen, Metall, Holz, Textil, Kleber,
Beschichtungen und vieles mehr. Unter anderem wird hier auch Schimmel kurz
erwähnt mit einer weiteren Literaturstelle /Florian 97/ zu „Heritage Eaters –
Insects and Fungis in heritage collections“. Hier werden zwar Fluoreszenzen auf
Papier des 19. Jahrhunderts beschrieben, aber leider kein Nachweis, dass dies
auf Schimmelpilze zurückzuführen ist. Auch andere Medien fluoreszieren und
daher könnte es möglich sein, daß Vertauschungen der Aussagen vorkommen. /Gram00/
berichtet über Fluoreszenzen von unsichtbarem Schimmel auf Papier. In /Becca 12/
wird Botrytis auf Weintrauben mit UV-Fluoreszenz erkannt. /Floyd 16/ schildert
Fluoreszenzemissionen unter UV-LED-Bestrahlung von angeschimmeltem Mais für
eine Sortieranlage. Im DBU Abschlußbericht /Köhler 18/ wird über Fluoreszenzen
von Kristallen in Marmor berichtet. Andreas Rapp /Rapp 19/ berichtet auf der Grazer Pilztagung über optische Bauforensik zur Aufklärung von Bauschäden. Hier wird unter anderem die Fluoreszenzanalyse auch zur Erkennung von Schimmelschäden an Bauwerken eingesetzt.
Zusammenfassung der Recherche
Die Literaturrecherche ergibt ein uneinheitliches Bild. Während
Fluoreszenzen bei UV-Beleuchtung in der Nahrungsmittelindustrie ein durchaus
gängiges Verfahren sind, entsteht hier bei den in Kirchen und Museen
vorhandenen Kulturgütern eher der Eindruck, dass vieles bei UV-Beleuchtung
anfängt zu fluoreszieren, aber nur der Schimmel nicht /Measday 17/. Dort wo auf
die Fluoreszenz von Schimmel eingegangen wird, wird gleichzeitig gesagt, daß
die Ursache der Fluoreszenz nicht eindeutig auf Schimmel zurückführbar ist, daß
das Phänomen nicht eingehender untersucht wurde und manchmal ist es auch ein
wenig unglaubwürdig, was dort behauptet wird. Lediglich /Rapp 19/ berichtet vom erfolgreichen Einsatz der Fluoreszenzanalyse in Bauwerken.
Schlußfolgerungen
Eigene Untersuchungen zeigen jedoch, daß es Fälle gibt, wo UV im Einsatz für Schimmel an Kulturgütern durchaus Vorteile hat. Als Lichtquellen werden UV-C und IR gestrichen. Sie bringen
kein besseres Ergebnis. Die VIS- und UV-Beleuchtung wird aufrechterhalten, da
es Unterschiede bei verschiedenen Objekten gibt.
Trotzdem hat diese Untersuchung für die Vorgehensweise auch
wichtige Hinweise ergeben:
In diesem Forschungsprojekt soll ein Frühwarnsystem
entwickelt werden, welches Schimmelentstehung in der frühen Phase per digitaler
Kamera und neuronaler Netze automatisch erkennt und vorwarnt.
Ist der Betreiber dann vom System gewarnt worden, so kann er
im nächsten Schritt den Lumitester /PCE 20/ einsetzen, um sehr schnell eine
Aussage zum Ausmaß des Schimmelbefalls zu machen. Anschließend steht dann die
genaue Untersuchung in der Schimmelpilzanalytik und die Beseitigung des
Schimmelpilzes an.
Vorgehensweise, Praxisbeispiele, Sanierungsvorschläge und
Überwachung der Sanierung sind sehr gut in /Meider 16/ für Gebäude beschrieben.
Die Reinigung von schimmelbefallenen Oberflächen von Kulturobjekten wird
detailliert von Astrid Hammer beschrieben /Hammer 17/, die in Ihrer
Veröffentlichung auch konkrete Handlungsanweisungen für das Vorgehen gibt:
1. Erkennen
2. Handeln
3. Kontrolle
4. Nachsorge / Prävention
Literaturverzeichnis
Becca, 2012. Using
UV-fluorescence to Detect Grey Mold (Botrytis cinerea) Infections: Possible
Implications for Field Detection Technologies, s.l.:
http://www.academicwino.com/2012/05/using-uv-fluorescence-to-detect-grey.html/.
Degand, M., 2020. Fluoreszierende
Schimmelpilze, Weimar:
https://www.uni-weimar.de/kunst-und-gestaltung/wiki/GMU:Art_out_of_living_matter/Maria_Degand.
Florian, M.-L., 1997. Heritage Eaters - Insects and
Funghi in Heritage Collections, Malta: Interprint Limited.
Floyd, A., 2016. What If Aflatoxin Glowed? New
Technology Makes Toxin Visible for No-Cost Testing, Georgia:
https://www.agrilinks.org/blog/what-if-aflatoxin-glowed-new-technology-makes-toxin-visible-no-cost-testing.
Gram, 2000. The Use Of Ultraviolet Induced
Visible-Fluorescence In The Examination Of Museum Objects, Part II, s.l.:
National Park Service.
Hammer, A., 2014. Einsatz
des Lumitesters zur Quantifizierung des Schimmelbefalls an Kulturgut, Wien:
interne Mitteilungen.
Hammer, A., 2015. Bedienungsanleitung
Lumitester PD-20, Wien: interne Mitteilung.
Hammer, A., 2017. Reinigung
von Schimmelbefallenen Oberflächen, München: Eipper, P.-B.: Handbuch der
Oberflächenreinigung. München 2017.
Henning, I. C., 2018.
Ursache des Schimmelbefalls an Orgeln, Sachsen: DBU Abschlußbericht AZ
31242-45.
Köhler, W., 2018. Entwicklung
zerstörungsfreier Untersuchungsmethoden anthropo-gen bedingter biogener
Oberflächenveränderungen von Mar-morskulpturen am Beispiel von ausgewählten
Objekten der Park-anlagen von Schloss Sanssouci und Schloss Rheinsberg (AZ
32866/01), Potsdam: DBU AZ 32866.
Measday, D., 2017. A summary of ultra-violet fluorescent
materials relevant to Conservation, Victoria:
https://aiccm.org.au/national-news/summary-ultra-violet-fluorescent-materials-relevant-conservation.
Meider, J., 2016. Schimmelpilzanalytik,
Köln: ISBN 978-3-481-03374-3.
Meier-Wolff, C.,
2011. Biolumineszenz –Biomonitoring bei Schimmelpilzbefall und
Dekontamination, Berlin: http://www.microconservation.de/fileadmin/data/Links/Biolumineszenz_in_der_Schimmelpilzbehandlung.pdf.
PCE-Instruments, 2020. Luminometer Lumitester PD-20, Meschede:
https://www.warensortiment.de/datenblatt/datenblatt-luminometer-lumitester-pd-20.pdf.
Rapp, A., 2019, Grazer Pilztagung, Optische Bauforensik zur Aufklaerung von Bauschaeden
Wooley, A., 2018. How To Detect Mold With A Blacklight, s.l.:
https://enviroklenz.com/how-to-detect-mold-with-blacklight/.
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